Kurzes Update: Ein rauchender Schlot auf La Palma? Das beeindruckt mich sehr. Wir sind mit dem Bus unterwegs zu unserer Wandererherberge. Aus der Ferne können wir den aktiven Vulkan von La Palma sehen mit seiner riesigen Aschefahne. Alles ist mit tiefschwarzem Staub bedeckt.
Kategorie: Meer als Schule
Klassenzimmer unter Segeln ist mehr als klassische Schule. Vieles von dem, was wir tun, findet sich in keinem Lehrplan. Wir könnten sagen: Meer als Schule.
Wandern auf La Palma
Nach unserer ersten langen Seeetappe beginnt jetzt unserer erster richtiger Landaufenthalt. Vier Wochen nachdem wir von Kiel aus aufgebrochen sind, haben wir La Palma erreicht. Die Thor Heyerdahl liegt sicher im Hafen von Santa Cruz de La Palma. Hinter uns liegt eine aufregende Zeit. Wir haben Flüchtlinge im Englischen Kanal gerettet, kämpften mit extrem starkem Seegang, wurden über Stunden von riesigen Finnwalen begleitet, erlebten ein leuchtendes Meer und steuerten unter Segeln und mit Vollzeug an Maderia vorbei und sind jetzt also auf den Kanarischen Inseln. Mittlerweile sind wir zu einer echten Mannschaft zusammengewachsen und wissen, was auf dem Schiff zu tun ist. Wache gehen, Backschaft, Reinschiff, Lernen – das hört sich nach Routine an. Dennoch gleicht kein Tag dem anderen.
Baden im Atlantik
Der Kurs Richtung Karibik lautet ja ungefähr wie folgt: Zunächst Richtung Süden bis die Butter schmilzt. Dann 90 Grad Richtung Steuerbord und immer geradeaus. Okay, ganz so einfach ist es dann doch nicht. Aber die Butter fängt schon langsam an zu schmelzen. Von Tag zu Tag wird es wärmer. Die Lufttemperatur liegt tagsüber so um 20 Grad, das Wasser ist sogar noch etwas wärmer. Kurz vor unserem Eintreffen in Santa Cruz sind wir Schwimmen gegangen. 20 Seemeilen vom Land entfernt. Mitten auf dem offenen Meer. Ein Sprung von der Thor hinein in den Atlantik, in ein atlantikblaues, warmes Wasser – gute 3.000 Meter tief. Das ging nur, weil wir Flaute hatten und die Thor sich kaum von der Stelle bewegt hat.
Las Papas fritas in Santa Cruz
Am Montag durften wir die Stadt erkunden. Wir waren in kleinen Gruppen unterwegs. Ich hänge bei diesem Post mal einige Fotos von Santa Cruz in die Galerie. Wir haben erst mal Pommes gegessen, las Papas fritas. Die Pommes gingen so, aber immerhin konnte ich meine ersten Sätze auf Spanisch ausprobieren. An Bord haben wir im Spanischunterricht alle Alltagsgegenstände mit Aufklebern der spanischen Übersetzung versehen. Und bei einem spanischen Abend hat unsere Backschaft Tapas gemacht, die wir dann auf spanisch bestellt haben. Und jetzt probieren wir aus, was wir gelernt haben. Es funktioniert. Die Menschen freuen sich, dass wir versuchen, spanisch zu reden. Überhaupt sind hier alle sehr freundlich und nett.
Wandern auf La Palma
Heute starten wir mit dem Erkunden der Insel. Zu Fuß. Wandern auf La Palma heißt für die kommenden drei Tage unser Plan. Wir haben unsere großen Wanderrucksäcke gepackt. Schlafsack, Isomatte, Klamotten. Jetzt kann ich die Ausrüstung testen, die mir Freigeist und Nitecore freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben. Von Freigeist habe ich die tolle Thermosflasche und Brotdose dabei, die Mikrofaserhandtücher sowieso. Von Nitecore habe ich die Stirnlampe im Gepäck. An Bord konnte ich die immer laden, jetzt an Land ist klasse, dass die Lampe zusätzlich mit Batterie funktioniert. Ebenfalls von Nitecore: Die leichte Edelstahlpfeife. Die ist griffbereit, falls ich auf mich aufmerksam machen muss – aus welchen Gründen auch immer.
Beim Wandern auf La Palma wollen wir auch versuchen, so nah an den aktiven Vulkan heran zu kommen, dass wir die rauchenden Schlote sehen können. Natürlich mit dem nötigen Abstand und Respekt. Nicht umsonst haben die Behörden Schutzzonen um den Vulkan errichtet. Nicht nur wegen der Lava, sondern vor allem auch wegen der giftigen Gase.
Aschewolke auf den Kanarischen Inseln
Apropos Vulkan. Gestern haben wir angefangen, das Schiff ordentlich zu putzen. In zwei Wochen ist die planmäßige Hygieneabnahme. Da muss alles glänzen und strahlen. Plötzlich drehte der Wind und trug eine Aschewolke zu uns. Zu allem Überfluss fing es auch noch leicht zu regnen an. Das Ergebnis: 50 Personen gingen, viele von ihnen barfuß, erst durch feuchte Vulkanasche, dann unter Deck. Das Putzen fing von neuem an. Die Asche wird uns wohl noch länger begleiten. Von La Palma geht es dann in knapp einer Woche nach La Gomera und dann weiter nach Teneriffa. Ab dem 3. Dezember machen wir uns dann wieder auf den Weg. Dann wird unser Ziel die Kapverdischen Inseln sein. Unseren aktuellen Törnplan gibt es übrigens auf der Seite von KUS – Klassenzimmer unter Segeln. Jetzt freuen wir uns aber erst einmal auf unsere Erlebnisse auf den Kanaren.
Abwettern vor Brixham
Fish ’n‘ Chips per Dingi
Ungünstige Windverhältnisse ließen unsere Weiterfahrt in Richtung Süden nicht zu. Am 29.10. ankerten wir deshalb vor dem kleinen englischen Städtchen Brixham, um abzuwettern. Abwettern meint das Warten auf besseres Wetter. Am Freitag gab es Fish ’n‘ Chips. Von wegen Fast Food. Unser Fish ’n‘ Chips wurde an Land zubereitet und wir haben es dann mit unserem Dingi, also unserem motorisierten Schlauchboot, abgeholt. Was für ein genialer Lieferdienst.
Abwettern vor Brixham
Am Sonntag habe ich mein Referat über GPS gehalten. Und im Anschluss durften wir in zwei Gruppen an Land gehen und Brixham erkunden. Brixham gehörte früher zur Grafschaft Devon, mittlerweile ist es aber Teil der Verwaltungsgemeinschaft Torbay. Hier leben rund 20.000 Menschen. Viele Familien haben niederländische Namen. Denn Brixham hat eine niederländische Vergangenheit. Hier landete vor vor gut 330 Jahren der spätere englische König William III mit seiner holländischen Armee. Das haben uns Einheimische erzählt. Mit den Engländern kamen wir schnell ins Gespräch. Kein Wunder, denn die Thor lag ja doch unübersehbar in der Bucht vor Anker und sorgte für Gesprächsstoff. In Brixham gibt es noch immer einige Fischer. Insgesamt ist es ein beschauliches Örtchen.
Ab Richtung Süden
Heute, Montag, ist es vorbei mit dem Abwettern vor Brixham. Nachdem sich das Wetter zu unseren Gunsten bessert, machen wir uns wieder auf den Weg in Richtung Süden. Vorher haben wir aber noch unsere Workshops: Kreatives Schreiben, Podcast, Musik und Fotografie. Außerdem füllen wir noch unsere Vorräte auf. Unser Weg führt uns durch die Biskaya. (Ich zitiere ausnahmsweise mal aus Wikipedia: „Dieses Seegebiet ist für schlechtes Wetter, starke Stürme und extremen Seegang bekannt.“ Mal gucken, wie wir die Biskaya erleben werden.) Unser Ziel ist der Hafen von Santa Cruz de La Palma auf den Kanarischen Inseln. Hier ist nach wie vor der Vulkan Cumbre Vieja aktiv.
Wir sind dann mal weg
Wir sind dann mal weg. Das Schiff ist seeklar. Danke an alle, die für uns in den vergangenen Tagen unendlich viel Arbeit geleistet haben. Wir KUSis waren in Gruppenquarantäne und konnten nur außerhalb des Schiffs helfen. Spenden und Ausrüstung sortieren beispielsweise. Nach unserer Ankunft in Kiel vergangenen Mittwoch waren wir in Ferienwohnungen untergebracht. Samstag, den 16. Oktober 2021, konnten wir endlich an Bord. Wir haben unser Gepäck für die kommenden sechs Monate verstaut. Danach haben wir die erste Nacht an Bord verbracht. Die Wellen schlugen leise gegen das Schiff und es schaukelte ganz leicht. Das wir in den kommenden Wochen bestimmt beides noch viel wilder.
Wellerman a la Thor Heyerdahl
Unsere Familien kamen zur feierlichen Verabschiedung nach Kiel. Wegen Corona durfen wir uns nur von Weitem sehen. Aber es war trotzdem ein schöner Abschied. Wir haben gesungen und alle an Bord haben sich kurz vorgestellt. Außerdem hatten wir hohen Besuch. Hans-Werner Tovar, der Stadtpräsident von Kiel, hat uns verabschiedet. Unsere Eltern haben auch für uns gesungen. Und zwar auf die Melodie von Wellerman. Hier mal die ersten der acht Strophen.
Im Logbuch steht es ist soweit
Vorbei ist hier für euch die Zeit
Das Abenteuer startet
Ihr habt ja lang gewartet
Hey ho, Thor Heyerdahl
Nun fängt ein andres Leben an
Macht jetzt die Leinen los
die Welt ist riesengroß
Die Segel alle sind gehisst,
die Schul daheim ihr nicht vermisst
Bald türmen sich die Wellen auf
da freut sich jeder drauf
Hey ho, Thor Heyerdahl
Nun fängt ein andres Leben an
Macht jetzt die Leinen los
die Welt ist riesengroß
Thor Ahoi – Lebkuchenherz
Unsere Eltern haben jedem an Bord dann noch ein Lebkuchenherz geschenkt. Thor Ahoi steht drauf. Mal gucken, ob es als Andenken bis zum Schluss der Reise hält oder einer Heißhungerattacke auf Süßes zum Opfer fällt. Jetzt liegen wir in der Kieler Förde. Morgen geht es früh in den Nord-Ostsee-Kanal und wenn der Wind günstig steht, steuern wir Borkum an bevor wir uns in den Englischen Kanal wagen. Wie gesagt: Wir sind dann mal weg.
Lektion fürs Leben
Es trifft sich gut, dass Andrea Uhrig nicht nur die Mutter meines Mit-KUSis Paul ist, sondern auch Redakteurin bei den Nürnberger Nachrichten. Insofern konnte sie ihr Insiderwissen und ihren Beruf miteinander verknüpfen. Dadurch ist ein toller Artikel in den Nürnberger Nachrichten entstanden. Er heißt „Eine Lektion fürs Leben mit Meerblick“ und beschriebt unser Projekt und unsere geplante Hilfsaktion auf der Karibikinsel Dominica.
Die Nürnberger Nachrichten und die dazugehörigen Heimatzeitungen berichten regelmäßig über Klassenzimmer unter Segeln. Das liegt auch daran, dass KUS ein Projekt der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg ist. Am 12.08.2021 brachte das Schwabacher Tagblatt einen Artikel über mich. Insgesamt ist Klassenzimmer unter Segeln ein medialer Dauerbrenner. Die Journalistin Susanne Edelmann stellt beispielsweise am 12.09.2021 im Merkur Mit-KUSi Leonie und unser spannendes Projekt vor. Der Beitrag heißt Statt Klassenzimmer: Kirchseeonerin (15) segelt in die Karibik.
Bald geht es los
So langsam steigt zusammen mit meiner Vorfreude auch die Nervosität. Wir KUSis sind seit Sonntag in Quarantäne. Meine Lehrerinnen und Lehrer von Gymnasium Wendelstein sind so nett und schalten mich digital in den Unterricht dazu. Am kommenden Mittwoch geht es dann per Bus nach Kiel. Dort bleiben wir in Gruppenquarantäne. Wir bleiben also auch unter uns, wenn wir die Thor klar machen und die vielen Sachspenden sortieren und verstauen. Wir haben Spenden für eine Schule auf den Kapverdischen Inseln gesammelt und Werkzeug für die Wiederaufbauaktion auf Dominica. Apropos Spenden für die Kapverdischen Inseln. Ich bedanke mich ganz herzlich bei der DEKRA Nürnberg. Frau Schönitz von DEKRA gibt uns für die Grundschüler rund 100 Baseballkappen mit. Außerdem Dinge wie beispielsweise Warnwesten, Fußbälle und Seifenblasensets. Wir sorgen dafür, dass alles in die richtigen Hände kommt. Wenn das alles, zusammen mit unserem Gepäck und der Ausrüstung und dem Proviant, verstaut ist, geht es los. Am 17.10.2021 stechen wir in See.
Hilfe für Unwetteropfer
Unsere Reise führt uns auch in die Karibik. Unter anderem nach Dominica. Hier werden wir das Haus von Brendalee Samuel und ihren sechs Kindern wieder aufbauen. 2017 fegte der Hurrikan Maria das Heim der siebenköpfigen Familie einfach weg. Seitdem lebt die Familie in einer baufälligen Ruine. Wir werden selbst mauern, das Dach erneuern, Fenster und Türen einsetzen. Hilfe für Unwetteropfer leisten wir durch unsere 100 Hände. Aber wir benötigen zusätzlich 12.000 Euro für das Baumaterial. Auf Betterplace kann man online für unser Wiederaufbauprojekt spenden. Wir freuen uns über jeden Euro. Auch eine noch so kleine Spende hilft uns, Brandalee und Ihren Kindern wieder ein Zuhause zu geben. Unsere Projektleitung steht in Kontakt mit Mary Sylvester. Sie hat den gemeinnützigen Vereins Dominica Hilfe e.V. gegründet. Diese Hilfsorganisation unterstützt den Wiederaufbau auf Dominica. Mary Sylvester ist unsere Anlaufstelle und hilft uns, die Hilfe für Unwetteropfer auf Dominica zu koordinieren.
Hurrikans verwüsten das Paradies
Brendalee Samuel ist nur eine von vielen Unwetteropfern auf Dominica. Die Insel wird immer wieder Hurrikans getroffen. Deshalb verlieren viele Menschen ihr Zuhause. Sie leben in Armut. Außerdem existieren grundlegende Infrastrukturen nicht mehr. Für uns KUSis ist dieser Besuch in der Karibik ein ziemlicher Kontrast zu unserer Welt daheim. Sinn und Zweck unserer Fahrt ist es ja auch, einen Blick über den Tellerrand zu werfen und auch Länder und Menschen kennenzulernen, denen es materiell nicht gut geht; wo Schulutensilien, ein festes Dach und fließend Wasser keine Selbstverständlichkeit sind.
Antigua und Barbuda
Neben Dominica ankert die Thor Heyerdahl auch vor Antigua und Barbuda. Der Inselstaat gehört, wie auch Dominica, zu den Kleinen Antillen. Kurzum, uns erwartet jenseits des Atlantiks ein ziemliches Kontrastprogramm. Die Ruine von Brandalee Samuel auf der einen Seite und auf der anderen paradiesischer Sandstrand, Palmen und kristallklares Wasser. Denn so lernen Touristen die Karibik kennen. Bei Klassenzimmer unter Segeln bekommen wir hautnah mit, wie Karibik auch sein kann: Also voll Not und Armut jenseits der Hotspots für Touristen.
Schwabacher Tagblatt
Das Schwabacher Tagblatt berichtet über die Teilnahme an Klassenzimmer unter Segeln 2021/22 an Bord der Thor Heyerdahl. Ich wurde über das KUS-Projekt und über das Auswahlverfahren interviewt. Ihr könnt den Artikel online unter Nordbayern.de lesen. Jetzt sind es noch zwei Monate bis zur Abreise. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Die letzten Impfungen stehen an, ich muss noch das eine oder andere für die Ausrüstung besorgen und ich bereite gerade mein Referat über GPS vor. So langsam steigt auch das Reisefieber.
Apropos Reise. Ich werde während der Fahrt auf der Thor Heyerdahl ein Reisetagebuch führen. Also nicht nur hier im Blog, sondern ganz klassisch. Sechs Monate auf See, da passiert bestimmt soviel, dass ich mich ohne einige Aufzeichnungen später nicht mehr an alles erinnern kann.